Ein Bericht von Adelheid Bögge

Vom 2. - 6. September 2017 fuhren Christen der beiden Gemeinden aus Anlass des 500jährigen Reformationsjubiläums an die Lebens- und Wirkungsstätten Martin Luthers.

Die Ausgangsbasis war das Hotel Askania in unserer Partnerstadt Bernburg. Von hier fuhren wir zu den Lutherstätten Eisleben, Erfurt, Wittenberg und zur Wartburg. Unser Augenmerk lag auch darauf, wie die einzelnen christlichen Gemeinden auf sinkende Gemeindemitgliederzahlen reagiert haben.

Welche Orte und Sehenswürdigkeiten besucht wurden, soll hier nicht beschrieben werden. Die Johannesgemeinde hatte im Frühjahr mit der Kolpingfamilie Rheine-Emstor ebenfalls eine ökumenische Gemeindefahrt unternommen, dieselben Stätten besucht und im gemeinsamen Gemeindebrief von Jakobi und Johannes zum 500jährigen Reformationsjubiläum darüber berichtet.

In Erfurt leben über 200.000 Menschen, davon sind nur noch14 % der Bevölkerung evangelisch und 6% katholisch. Es gibt hier 27 noch genutzte Kirchen, die Hälfte davon sind evangelische Kirchen. Im Augustinerkloster in Erfurt sind schon lange keine Mönche mehr, es ist jetzt ein evangelisches Kloster und wird von der Evangelischen Kirche Mitteldeutschlands mit seinen neu gebauten und renovierten Räumen als Tagungs- und Begegnungsstätte genutzt.

In der Evangelischen Kirche St. Marien in Bernburg war die Gemeinde gezwungen, aus Kostengründen eine Kirche aufzugeben. Nach der Wende wurde St. Marien durch die Spenden der Gemeindeglieder und mit Zuschüssen vom Land renoviert und erstrahlt mit neuen gotischen Fenstern und neuer Orgel in alter Pracht. Hier nahm unsere Reisegruppe gemeinsam an einem Gottesdienst und an einer Andacht teil.

Einen anderen Weg, ihre Kirche zu erhalten, ist dagegen die Gemeinde in Eisleben gegangen. Es gibt in Eisleben 3 Kirchengemeinden und 750 Gemeindemitglieder. Die Hauptkirche ist die Evangelische Andreaskirche, an der Luther viermal gepredigt hat. Hier stellte sich die Frage, wie man am besten Luther´s Taufkirche „St. Petri-Pauli“ erhalten sollte, die  in Laufe der Jahrhunderte schon einige Veränderungen hinter sich gebracht hatte und einer Renovierung bedurfte. Man entschied sich dafür, die Kirche zu restaurieren und sie weiterhin als Taufkirche zu nutzen. Das Taufbecken wurde in einer Tiefe anlegt, die es ermöglicht, Ganzkörpertaufen durchzuführen. Natürlich wird das Becken, damit sich niemand verkühlt,  regelmäßig mit warmen, frischen Wasser befüllt. Die weitere Ausstattung der Kirche umfasst wenige, aber dafür hochwertige Werke aus verschiedenen Epochen.

Die Universitätskirche in Wittenberg, in der Luther lange Zeit gepredigt hatte, war nach dem Zweiten Weltkrieg schwer beschädigt. Das neue sozialistische Regime renovierte Kirchen nur, wenn es der eigenen Propaganda vom Arbeiter- und Bauernstaat dienlich war. Die Schlosskirche ist das Symbol für die Reformation schlechthin und ist eine Touristenattraktion. Und so wurde sie nach der Wende komplett renoviert und am 2. Oktober 2016 in altem Glanz wiedereröffnet. Zu diesem Anlass schenkte Königin Margarete von Dänemark der Kirche ein selbst besticktes rotes Altartuch mit der Lutherrose, das nur zu besonderen Anlässen aufgelegt wird. Wir hatten das Glück, dieses Altartuch zu bewundern, da sich Wittenberg auf eine kirchliche Großveranstaltung vorbereitete. Nach einer mit Informationen überbordenden Führung durch Wittenberg konnten wir in der St. Petri-Kirche in Wörlitz den Tag mit einer kurzen Andacht ausklingen lassen. Hier wurde die renovierte Kirche mit ihrem Bibelturm nicht nur für Gottesdienste genutzt, sondern auch für wechselnde Ausstellungen.

Das genaue Gegenteil zu den prächtig restaurierten und geschmückten Kirchen bildete die kleine, romanische Dorfkirche St. Stephani  in Bernburg-Waldau. Sie bestach durch ihre Einfachheit und hatte beinahe etwas Gemütliches. Zu ihren Gunsten wurde eine größere, neuere Kirche im Ort aufgegeben, da deren Erhaltung zu teuer für die kleine Gemeinde war.

In der Schlosskirche St. Aegidien in Bernburg ist man bei der Renovierung andere Wege gegangen. Hier hat der Künstler Moritz Götze in Absprache mit Pfarrer und Kirchenältesten  die Kirche mit emaillierten Stahlplatten versehen. Die Platten zeigen in Popart gehaltene Szenen aus dem Neuen und Alten Testament.

Den stärksten Eindruck  bei unseren Kirchenbesichtigungen hat die Evangelische Martinskirche in Bernburg an der Saale hinterlassen. Hier wurde die Kirche so umgebaut, dass sie multifunktional genutzt werden kann als Gemeinde-, Schul- und Kindergartenzentrum. Der vordere Teil der Kirche dient noch dem Gottesdienst. Kommt man zur Tür herein, so wird der erste Raum für die Kirchenmusik genutzt, danach folgt eine kleine Turnhalle für den Kindergarten, an den Seitenschiffen sind Wände eingezogen, sodass man Turngeräte und Musikinstrumente dahinter verstauen kann. Oben ist noch ein Stockwerk darüber gebaut. Hier wurde im vorderen Teil die Orgel und daneben eine kleine Schul- und Kindergartenbibliothek eingerichtet und dahinter befindet sich ein Bastelraum. Rund um die Kirchen ist ein Kindergarten und eine Grundschule gebaut worden. Bei der Renovierung war nicht das größte Problem, Gelder aufzubringen, sondern mit viel Arbeit und Nerven den Jugendschutz mit dem Denkmalschutz in Einklang zu bringen. Aber es hat sich gelohnt, die Kirche wird so gut und gerne genutzt, dass man für die Benutzung Zeitpläne erstellen muss, um Überschneidungen zu vermeiden.

Verglichen mit den Problemen der Gemeinden im Osten leben wir in unseren Gemeinden in Rheine noch relativ komfortabel, aber der demografische Wandel geht auch an uns nicht vorbei. Die Zukunft ist ungewiss, erst die Zeit wird zeigen, ob wir richtig mit den Veränderungen umgegangen sind.