Krankenhauspfarrerin Dr. Britta Jüngst stellte im letzten Jakobi-Treff "Kirche und Welt" vor dem Reformationsjubiläumsjahr 2017 in ihrem Vortrag "Frauen der Reformation – Herr Käthe und andere weyber" die Biografien von fünf Frauen aus der Zeit der Reformation vor.   

Sie machte deutlich, dass trotz Martin Luthers Auffassung, Frauen seien vor allem für den Haushalt geschaffen, es auch schon zu Luthers Zeiten Frauen gegeben habe, die wichtige reformatorische Impulse gesetzt hätten und für lange Zeit das Frauen- und Männerbild in der evangelischen Kirche geprägt hätten.

So habe Wibrandis Rosenblatt (1504 - 1564), viermal verwitwete Reformatorengattin, das Rollenmodell der evangelischen Pfarrfrau gelebt. Die Verbindung Pfarrer und Pfarrfrau habe die allgemeine häusliche Konstellation darin überboten, als dass sie nach außen zu wirken habe und die Ansprüche dementsprechend hoch gewesen sein. Die Pfarrehe sollte bezüglich Partnerschaft, Hauswirtschaft, Kindererziehung und vor allem bezüglich einer christlichen Lebenspraxis möglichst das Idealbild verkörpern und es im Alltag exemplarisch umsetzen.

Katharina Zell (1497 - 1562)  aus Straßburg heiratete 1523 öffentlich den Priester Matthäus Zell und nahm in diesem Gottesdienst erstmals in Straßburg das Abendmahl zusammen ein.  Mit beiden Handlungen habe sie öffentlich ihre evangelische Gesinnung demonstriert zu einer Zeit, als die Kämpfe um die reformatorischen Erkenntnisse und die daraus abgeleiteten ethischen und sozialen Konsequenzen erst begannen.  Katharina Zell habe sich anders als viele Reformatorenfrauen als gleichwertige Mitarbeiterin ihres Ehemannes im kirchlichen Dienst, als Mitreformatorin und Geistliche, die sie in den Augen ihres Ehemannes auch war, verstanden. Noch in späteren Jahren wurde sie vorbildhaft mit Argula von Grumbach in einem Atemzug genannt.

Argula von Grumbach (1492 - 1554) erlangte  als erste weibliche Flugschriftautorin in ihrer Auseinandersetzung mit der Universität Ingolstadt und deren Rektor Johannes Eck eine große öffentliche Aufmerksamkeit. Sie hatte es gewagt, sich offen für den 18-jährigen Magister Seehofer einzusetzen, der für die reformatorischen Ideen an seiner Universität in Ingolstadt Werbung macht. Die bayerischen Herzöge hatten verboten, sich dem neuen Glauben zuzuwenden. Schon allein das Lesen und Diskutieren von Luthers Schriften war  unter Strafe gestellt und so wurde der junge Mann gezwungen, öffentlich seinen Überzeugungen abzuschwören und in ein nahes Kloster verbannt. Durch ihren Einsatz verlor ihr Mann seine gut bezahlte Stellung und die Familie verarmte.  Argula von Gumbach gelte mit ihrem Lebensweg exemplarisch für manch anderes Frauenschicksal, das durch gesellschaftliche Repressalien und eine patriarchalische Ordnung an der Entfaltung der eigenen Möglichkeiten gehindert worden sei.  Die bayerische Landeskirche hat vor einiger Zeit eine Stiftung nach der beherzten Anhängerin der Reformation benannt. Ziel dieser Argula von Grumbach-Stiftung ist es, die Gleichstellung von Frauen und Männern in der Landeskirche zu fördern sowie die Auseinandersetzung mit Geschlechterfragen im gesellschaftlichen und kirchlichen Kontext zu unterstützen.

Marie Dentière (1490/95 – 1561) sei nicht nur eine umfassend gebildete Frau mit fundierten Kenntnissen in der Bibel und im kanonischen Recht gewesen,  sondern auch eine der ersten Theologinnen der französischsprachigen Reformation. Mit ihren unzeitgemäßen Ideen über Wertigkeit und Amt der Frau im kirchlichen Leben habe sie zwar bei den Zeitgenossen keine nachhaltige Wirkung entfalten können, ihre Schriften hätten aber nichts an Aktualität für Frauen, die nach wie vor um eine den Männern gleichgestellte Rolle in Kirche und Gesellschaft kämpften, eingebüßt.

Die wohl prominenteste Frau der Reformation, Katharina von Bora (1499 – 1552) habe sicher nicht dem konservativen Frauenbild ihrer Zeit entsprochen. Sie sei klug und selbstbewusst gewesen und sei ebenso in der Öffentlichkeit aufgetreten. Hier habe sie sich – trotz ständiger Anfeindungen – souverän als die Lutherin, die Frau, die an der Seite des großen Reformators lebte und die hinter ihm stand, behauptet. Auf ihre Weise – und im Rahmen ihrer Möglichkeiten – sei sie ihrem berühmten Mann eine ebenbürtige Partnerin gewesen. Mit der Flucht aus dem Kloster habe sie sich bewusst gegen den ihr vorbestimmten Weg und gegen das Klosterleben gewandt. Mit der bewusst angenommenen Alternative Ehefrau und Mutter zu sein, habe sie sich für die Bestimmung der Frau im reformatorischen Sinn entschieden. Dabei habe sie jedoch – ganz gegen die Gepflogenheit der Zeit – hohe Ansprüche an ihren künftigen Mann gestellt, und diese seien durchaus nicht bescheiden gewesen , hatte sie doch Luther selbst als ihren Wunschkandidaten ins Spiel gebracht. Dies sei nicht nur ein mutiger Schritt als Frau gewesen, es offenbarte auch Katharinas eigenen Anspruch: Sie wollte an der Seite eines Mannes leben, der Mut bewiesen hatte, der unerschrocken für seine Überzeugung eintrat, der die Geschicke der Zeit an vorderster Front mitbestimmte. Nicht zuletzt aber habe Katharina mit ihrem offenen Haus die noch heute lebendige Tradition des evangelischen Pfarrhauses begründet. Das Leben im Schwarzen Kloster zu Wittenberg‚ Martins Luthers und Käthes Heimstatt, wurde für Generationen protestantischer Pfarrhäuser ein erstrebenswertes Modell. Ein gastfreundliches Haus, in dem Hilfe geleistet wurde, wo sie nötig war, in dem Bildung und Musik, Gebet, Andacht und Bibellektüre großgeschrieben wurden – das waren die Grundpfeiler dieser häuslichen Gemeinschaft.

Wie lange dieses Frauenbild die Evangelische Kirche geprägt hat, wird dadurch deutlich, dass die Ordination für Frauen in den verschieden Gliederkirchen der Evangelischen Kirche in Deutschland erst zwischen  1958 und 1991 eingeführt wurde.

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