22. März: „Hate Speech“ - Verfolgen statt nur löschen im Jakobi-Treff „Kirche und Welt“

Jens Kampferbeck, Leiter der Digital-Abteilung des Medienhauses Altmeppen, berichtete im Jakobi-Treff „Kirche und Welt“ über den Umgang mit Hate Speech.

„Umgang mit Hate Speech in sozialen Netzwerken“ war das Thema im Jakobi-Treff „Kirche und Welt“ im März. Referent war Jens Kampferbeck, Leiter der Digital-Abteilung des Medienhauses Altmeppen.

Kampferbeck erläuterte, dass es zu Hate Speech noch keine juristische Kategorie gebe. Mit Hate Speech werden Hassreden bezeichnet, die Nutzerinnen und Nutzer im Internet und in sozialen Netzwerken posten, liken und rechtfertigen. Hasspostings enthalten Äußerungen, die Einzelne oder Gruppen diskriminieren, zum Beispiel wegen ihrer Herkunft, Religion, ihrer sozialen Zugehörigkeit, wegen einer Behinderung oder wegen ihres Geschlechts. Die Täter versuchen dabei,  Gruppen oder Einzelne als weniger wert darzustellen.

Grundsätzlich garantiere das Grundgesetz nach Art. 5 GG zwar die freie Meinungsäußerung, aber es gebe deutliche Grenzen: Strafrechtlich relevant sind insbesondere Beleidigung, Üble Nachrede, Verleumdung, Volksverhetzung, Öffentlicher Aufruf zu Straftaten, Billigung von Straftaten und Verwendung von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen. Alle diese Delikte sind im Strafgesetzbuch (StGB) in den entsprechenden Paragrafen geregelt.

Seit April 2021 ermöglicht eine Gesetzesänderung zur Bekämpfung von Hasskriminalität, stärker gegen Hate Speech vorzugehen: Bei Beleidigungen im Netz drohen bis zu zwei Jahre Haft. Die Androhung von Mord, gefährlicher Körperverletzung oder Vergewaltigung kann mit bis zu drei Jahren Haft geahndet werden. Auch die öffentliche Befürwortung solcher Taten ist strafbar. Seit Februar 2022 sind die Betreiber sozialer Netzwerke nicht nur dazu verpflichtet, die Hassdelikte zu löschen, sondern diese auch beim Bundeskriminalamt zu melden. Wie häufig kommt das vor? Nach einer Forsa-Studie im Jahr 2022 im Auftrag der Landesanstalt für Medien NRW haben fast 80 Prozent der deutschen Internetnutzerinnen und -nutzer ab 14 Jahren angegeben, schon einmal Hasskommentaren im Internet begegnet zu sein. Besonders stark zeigt sich das in der Altersgruppe der jungen Menschen im Alter zwischen 14 und 24 Jahren, von denen nur wenige ein Internet ohne Hass kennen.

Die MV habe für ihre Nutzer eine  „Netiquette“, also Regeln, die für die Kommentare im Internet gelten, erarbeitet, so Kampferbeck: 1. Sachlich bleiben, 2. Keine Pseudonyme, 3. Keine externen Links, 4. Keine Werbung, 5. Keine Wiederholungen, 6. Sachbezogenheit, 7. Keine Versalien und 8. Keine Behauptungen ohne Belege.

Kampferbeck: „Wir behalten uns vor, Kommentare, die gegen diese Regeln verstoßen, rigoros zu löschen. Nutzer, die mehrfach gegen diese Regeln verstoßen, werden von uns blockiert. Kommentare, die strafrechtlich relevant sind, werden wir Ermittlungsbehörden übergeben und anzeigen.“ Die Kontrolle auf Einhaltung dieser Regeln sei für die Onlineredakteure der MV zunehmend aufwendig, aber notwendig und ja, löschen allein reiche nicht.

Daher sei das Medienhaus Altmeppen auch der Initiative „Verfolgen statt nur löschen“ beigetreten. Die Initiative vereint Vertreter von Medienaufsicht, Strafverfolgungsbehörden und Medienhäusern mit dem Ziel, Rechtsdurchsetzung im Internet zu erleichtern und ein deutliches Zeichen gegen Recht- und Rücksichtslosigkeit im Netz zu setzen.

Die Initiative bietet einen vereinfachten Zugang zu der Zentral- und Ansprechstelle Cybercrime Nordrhein-Westfalen (ZAC NRW) und dem Landeskriminalamt (LKA) NRW. Über einen vereinfachten Meldeweg werden strafrechtlich relevante Kommentare zur Anzeige gebracht. Mittlerweile sind über 1500 Anzeigen erfolgt und in mehr als 800 Fällen wurden Ermittlungsverfahren eingeleitet, die z. T. zu empfindlichen Strafzahlungen geführt haben. Weitere fast 600 Anzeigen gingen an die Zentrale Meldestelle für strafbare Inhalte des Bundeskriminalamts.

„Die Initiative „Verfolgen statt nur löschen“ ist ein erfolgreiches Projekt, um die Meinungsfreiheit und demokratische Grundordnung zu verteidigen. Wir unterstützen den sachorientierten Austausch, bei dem es um Argumente geht. Aber das Internet ist kein rechtsfreier Raum und wir bieten Schutz für diejenigen, die unsere Hilfe benötigen“ resümierte Kampferbeck.